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Feinsinnigkeit, Virtuosität und Spiellust 

Die Vorankündigung hatte nicht zu viel versprochen, denn was da am vergangenen Samstagabend im Barocksaal ... abging, war ganz klar eine kammermusikalische Sternstunde. Instrumentale und interpretatorische Höhenflüge – insgesamt wie auch in zahllosen köstlichen Nuancen begeisterte damit das ensemble encore in zwei recht konträren Referenz-Werken der Hochromantik die Zuhörer...
„Der Brahms“ (Klavierquartett Nr.2 A-Dur op.26) füllte mit annähernd 50 Minuten Spieldauer die gesamte erste Konzerthälfte, ein gewaltiger „Klopper“, der in schwächerer Ausführung wohl hauptsächlich das trainierte Sitzfleisch des Publikums gefordert hätte. So aber, in dieser bestechend musikantischen Werksauffassung und –wiedergabe, blieb es spannend bis zum letzten Ton. (Man hörte) Kammermusik auf höchstem Niveau...: Abwechslung, Kontrastreichtum, Dichte und einen stabilen Spannungsbogen über fast eine Stunde.
Maximale Einigkeit bis hin zum gemeinsamen Vibrato und in der ausgefeilten Dynamik, eine perfekt abgestimmte Verbindung charismatischer Musiker, die das schwierige Genre des Klavierquartetts meisterlich beherrschten und lustvoll zelebrierten. Und dabei stets bei sich selbst und den Partnern sind. Prof. Christian Elsas... übte sich in Fingerspitzengefühl; dominierte selbst bei weit geöffnetem Flügel nicht einmal in den delikatesten Pianissimo-Passagen die Streicher.



Johannes Brahms „Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen
könnte sich jeder andere die Hauptthemen zusammenklauben.“
(Johannes Brahms über Antonín Dvořák)


                                 Johannes Brahms
  (1833 – 1897)                                  
Karikatur: Otto Böhler (1847 – 1913)


Er demonstrierte damit einmal mehr seine rare Kunst des einfühlsamen dialogischen Spiels und souveräner pianistischer Potenz....
Wenn eingangs die Rede war vom Kontrastreichtum, so lässt sich das anhand von ein paar besonders glückhaften Momenten – aber auch Konstanten – am besten erläutern: Alsda ist die Homogenität, die bereits im ersten Satz Allegro non troppo wegweisend erschien für alles Folgende. Die Interpretationskunst, dem Zuhörer Gefühle tiefen Friedens zu vermitteln (poco adagio) und das man mit sich und dem Werk absolut im Reinen ist, zählt zweifelsohne dazu.
Das lustvoll und mozartesk-anmutig ausgekostete Scherzo belegt dies nicht weniger. Und wenn man im Finalsatz Allegro die Vorstellung hatte, dass hier mit musikalischen Mitteln ein ganzes Leben geschildert wurde, mit Höhen, Tiefen und mannigfachen Gefühlszuständen, so lag man völlig richtig....
...in Dvořáks Klavierquartett Es-Dur op.87 kam noch das Ansinnen hinzu, an emotionale Grenzen zu gehen. Das kann in der Wiedergabe nur dann ohne Peinlichkeiten gelingen, wenn sich Musiker solch großen Kalibers seiner annehmen. Ohne auch nur einen Abschnitt weit, ja nur einen Augenblick lang den gefährlich schmalen Grat zwischen Respekt vor der Komposition und romantisierender Gefühlsduselei zu überspringen, erlaubte sich „ensemble encore“ etwas, das bei weniger Inspirierten garantiert in Schmalz abgeglitten wäre. Die Herren ... lieferten hiermit eine tiefe Verbeugung vor der böhmischen Nationalikone. Sie „süßelten“ nach Herzenslust im beseelten Lento, konterkarierten das sogleich mit einem einzigen finalen, spröden Cello-Pizzikato, um im 3. Satz Allegro moderto ein graziöses, dennoch saftiges Bauerntänzchen nebst „Wiener Schmäh“ zu wagen. Diese Tanzboden-Atmosphäre sogleich ins Finale Allegro ma non troppo mitzunehmen, lag sicherlich völlig im Sinn der Zuhörer.
Auch wenn der Begriff „musikantisches Spiel“ gelegentlich inflationär und oft auch missverständlich gebraucht wird – hier traf er präzise und launig das Wesen dieses Ausnahme-Kammerkonzertes.