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Debussys Images I wurden zu einem kompositorischen und interpretatorischen Höhepunkt des Abends. In den “Reflets dans l’eau” fesselte Christian Elsas mit dem sorgsamen Schichtenbau seines Vielfarbenanschlags, in der wie ein Trauerkondukt schreitenden Sarabande des “Hommage à Rameau” sinnierte er mit Debussy “sans rigueur” (Spielvorschrift der Härtelosigkeit) über die Vergänglichkeit und Vergangenheit, in “Mouvement” betonte er vor der toccatenhaften Motorik die vibrierende Flächigkeit, als hätte einer der “Minimalisten” das avancierte Stück geschrieben. Gerade aus solcher bohrenden Sanftheit reckten sich die Akkordgänge wie Fanale auf. 

Filigran, flirrend und fein wie in einem Traum. 

Am vergangenen, frühwinterlichen Sonntag erwies sich das Klavier bzw. der Konzertflügel einmal mehr als „Wunderkasten“ (so Christian Elsas), der zwei völlig unterschiedliche Klangwelten hinzauberte... Am Flügel ließ er mit außergewöhnlicher Sensibilität jene unendliche, unfassbare Welt lebendig werden, die Debussy und Gershwin vorschwebte. Elsas’ Interpretation besaß Wärme, Tiefe, Farbigkeit und Spannung, wobei nichts zur Schau gestellt wurde; es geht dem Interpreten vor allem um die intensive geistige und emotionale Durchdringung der Kompositionen. Das Publikum wusste diese sehr künstlerische Haltung zu würdigen. „Reflets dans l’eau“, der Titel eines der aufgeführten Stücke, ist symptomatisch für Claude Debussys (1862-1918) impressionistische Musik, die aus lauter Wasser und Licht zu bestehen scheint. Mit ihr öffnet sich ein weiter Raum von luftiger Pracht und perlmuttschimmerndem Nuancenreichtum; alles scheint zu fließen und zu atmen. Man meint, aus dieser poetischen und liebevollen Musik eine große Dankbarkeit für das Leben zu spüren.

Einfühlsames Spiel 

Elsas zeigte sich als Künstler, der auf Anschlagsnuancen ebenso Wert legt, wie ihm seelenlose Tastendonnerei fremd ist.


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Foto: Rudolf Uhrig
Elsas führt sein musikalisches Temperament am Zügel, hat sich bei aller Leidenschaft stets in der Kontrolle, sein ästhetisches Empfinden macht er auf überlegte Weise dem Spiel dienstbar, das technische Können versteht sich von selbst... Die Trillerketten in den Variationen der Arietta bekamen bei ihm einen ins impressionistische weisenden Glanz, der Satz war ohne Erdenschwere. Und doch typischer Beethoven. In Debussys „Images“ entwickelte Elsas äußerste pianistische Dezenz, aber bei allem Streben nach dem edlen Klavierton, bei aller Noblesse und Eleganz wurde er nie oberflächlich, sondern sorgte in den wenigen Momenten, die ihm der Komponist dafür gibt, für Dramatik; die Fortissimi wirkten wie kurze Ausblicke in eine andere Welt.

Leichtgängige und ökonomische Bewegungsabläufe, darauf aufgebaut ein intelligentes und empfindsames Spiel (Beethoven, Hammerklavier-Sonate). Die Images von Debussy sind ein Erlebnis. Musikalische Formverläufe werden hier behutsam, feinfühlig tastend in Disposition gesetzt, mit ungeheurer Weichheit und Nachgiebigkeit im Anschlag. Beim lyrisch-virtuosen Bravourstück der Paganini-Variationen von Brahms befindet sich Elsas im Einklang mit sich selbst und dem Publikum.

Konzert der Superlative 

Alban Bergs Sonate op.1 und auch die folgenden “Various for piano” von Sven Erik Werner (geboren 1937) erschließen sich einem nicht beim erstmaligen Hören, dazu bedarf es intensiver Beschäftigung mit den Gesetzmäßigkeiten der Werke, und dennoch gelang es dem Pianisten, die Zuhörer mit seinem feinnervigen, seltsam spröden, überzeugend durchdachten Spiel in verwirrenden Bann zu ziehen...

Weiterlesen: Südwestpresse, Ulm