Der Solopianist
Die Musik muss immer ein Sehnen enthalten, ein Sehnen über die Dinge dieser Welt hinaus..
Gustav Mahler (1860 – 1911)
Bei den Recitals tritt auch (vgl. Klavierrecitals und Kammermusik – Allgemeine Bemerkungen) die Persönlichkeit von Christian Elsas am deutlichsten zutage. Nicht nur, dass er hier durch sein Markenzeichen „Gesprächskonzert“ - wo er ganz persönlich, charmant, locker und völlig natürlich seine Zuhörer aus dem Alltag abholt - eine menschliche Brücke aufbaut, sondern er erleichtert damit auch einen hürdefreien, unkonventionellen Zugang zur nachfolgenden Musik.
Auch seine Programme weichen vom üblichen Schema ab, sie sind als Gesamtkunstwerk konzipiert. Die Wechselwirkungen der aufeinanderfolgenden Stücke sollen dem Konzertbesucher eine emotional spannungsgeladene Hörerwartung auf das nächste Klangerlebnis bieten. Hier findet keine Fortsetzung des Berufsstresses statt, sondern ein Gegenpol zeigt in schillernden Farben andere Seiten des Lebens auf. Und dies auf bequeme Weise: er erlebt ganz ungestresst die Einzigartigkeit und Besonderheit des faszinierenden Mediums Musik.
Folgerichtig findet man bei Elsas’ Programmen keine zyklischen Darbietungen (sämtliche Sonaten von..., sämtliche Präludien und Fugen von... etc.), die nur eine zeitliche Abfolge ohne Berücksichtigung des Inhalts der Kompositionen bieten. Diese „Gesamtpräsentationen" interessierten ihn nie.
Elsas ist der festen Überzeugung, dass man mit den zyklisch zusammengestellten Programmen dem jeweiligen Komponisten keinen Gefallen erweist, häufig werden – vielleicht nicht ganz zu Unrecht – derartige Konzertabende als schwere Kost vom Zuhörer empfunden und sprechen in erster Linie elitäre oder ganz speziell interessierte Gruppen von Zuhörern an – und nichts ist Elsas ferner, als aus seiner Kunst eine elitäre Angelegenheit zu machen. Ganz im Gegenteil: er würde am liebsten alle mitnehmen auf seine Reise.
Christian Elsas ließ sich niemals auf eine bestimmte musikalische Richtung festlegen. Immer waren und sind es einzelne Kompositionen, die seine Faszination so erregen, dass er sich über sehr lange Zeiträume mit ihnen beschäftigen möchte. Diese ihn faszinierenden Werke sind es, die nie „ad acta“ gelegt, sondern immer wieder neu aufgenommen und interpretiert werden. Ein „... ach, das habe ich schon x-fach gespielt, das kann ich wie im Schlaf...“, existiert für ihn nicht. Im wahren Kunstwerk gibt es immer wieder Neues zu entdecken, es ist immer wieder neu zu interpretieren, dem „Zeitgefühl“, seiner Lebensauffassung und jeweiligen Erfahrung entsprechend.
Die zum Teil höchst eigenwillige Zusammenstellung seiner Programme ist von Elsas gewollt und durchdacht. Sie erfährt durch ihren logischen Aufbau ihre Berechtigung und bietet Neues zum Entdecken. Ein auf den ersten Blick „traditionelles“ Programm erscheint auf einmal durch eine andere Beleuchtung in neuem Licht. Gleich welchen Weg Elsas hier geht, er zielt immer auf Unerwartetes, völlig Neues ab und schafft damit ein weiteres Markenzeichen seiner Recitals.
Foto: Alexander Paschke |