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Wohin du auch gehst,
du wirst Spuren hinterlassen....

An dieser Stelle gilt meine Dankbarkeit natürlich zu allererst meinen Eltern, die mir zwar aus Unerfahrenheit und Unkenntnis mit den Gegebenheiten des „Musikmarktes“ – woher sollten sie es wissen?? – nicht meinen Weg ebnen oder mich in die richtigen Bahnen für eine professionelle Musikerkarriere lenken konnten, aber meine Wünsche immer unterstützt haben, mir niemals Steine in den Weg legten – sieht man einmal von ihrem Beharren auf einem „vernünftigen Schulabschluss“ ab. Damit hatten sie natürlich Recht, was ich aber als Kind und Heranwachsender nicht wirklich akzeptieren konnte. Alles was mit Schule zusammenhing war mir immer lästig, wollte ich doch die Zeit lieber nutzen, um Klavier zu spielen. Mein Vater half, indem er die Griechisch- und Lateinübersetzungen für mich machte, mir dann die Vokabeln auf kleinen Zetteln mundgerecht zum Lernen separat aufschrieb, damit ich mehr Zeit für meine Tasten hatte.

Foto von Christians Vater
Vater Elsas macht Griechisch und Lateinhausaufgaben
für seinen Sohn Christian

Foto Christian beim Lernen
...letztendlich muss Christian aber die Vokabeln selber
lernen

Wenn andere Kinder im Garten tollten, wollte ich lieber ans Klavier. Ein höchst merkwürdiges Kind! Abbitte leisten muss ich bei meinen Brüdern, die bei dem ständigen Klavierspiel auch noch lernen mussten. Dank dafür, dass sie es ertragen und mich haben machen lassen, auch wenn es sicherlich nicht immer so ganz einfach mit mir war.

Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.
Wilhelm Busch (1832 - 1908), Dideldum! Der Maulwurf 1872



Letztendlich, aus heutiger Sicht betrachtet, haben wohl auch meine Gymnasiallehrer Verständnis für meine Andersartigkeit aufgebracht.

Meine Dankbarkeit gilt aber auch meinem ersten Lehrer, Musikdirektor Melchers und meinem Musiklehrer Heinrich Will am Gymnasium, die beide die menschliche Größe aufbrachten, mich an einem bestimmten Punkt von sich wegzuschicken, weil sie mir nach eigener Aussage nichts mehr beibringen konnten
und mich in andere Hände wiesen.

Dankbar bin ich, dass sie mir den Acker gaben, wo meine Liebe zur Musik Früchte tragen konnte, dass sie mir die Ehrfurcht vor der Kunst ins Herz pflanzten und mich „anders“ sein ließen.

Daneben möchte ich in dieser Stelle auch Prof. Leopolder, Prof. Weigmann, Prof. Agosti und Prof. Neuhaus danken:
Prof. Leopolder, dass er mich die Ehrfurcht vor der Komposition und das genaue Studium der Partitur lehrte; Prof. Weigmann, selbst ein fanatischer Kammermusiker, dass er seine Begeisterung auch auf mich übertrug und mich lehrte, genau auf die anderen Instrumente zu hören und auf Klangbalance zu achten; ein f ist nicht immer gleich laut, es variiert je nach Zusammenhang: bei einer Begleitfigur ist es u.U. nur mezzopiano oder mezzoforte, je nach der Art des Instruments, dessen Soloaussage gerade begleitet wird; Prof. Agosti und Prof. Neuhaus verdanke ich wertvolle Einblicke in die italienische und russische Klavierschule.

Christian Elsas
Foto: Gottfried Heinrich

Dank gilt auch meinem Lehrer Prof. Hans Leygraf, bei dem ich mein Konzertexamen ablegte. Er nahm mir nicht meine große Liebe zur Musik durch technischen Druck, sondern erkannte meine sehr ausgeprägte, eigenwillige, aber auch sensible, ganz und gar individuelle Musikalität, meinen unbedingten Willen zum musikalischen Ausdruck und förderte dies vehement. Da ich zum damaligen Zeitpunkt bereits eine ganze Menge an Konzerterfahrung gesammelt hatte, legte er den Schwerpunkt seines Unterrichts in meinem Fall auf Bühnenpräsenz und Formung der musikalischen Persönlichkeit, wo er auch gerade durch meine Andersartigkeit gute Marktchancen für mich sah.

Danken möchte ich an dieser Stelle auch meiner Frau für jeden gemeinsam gelebten Tag konstruktiver Zusammenarbeit.

Ein besonderer Dank gilt hier noch meiner Mutter, die mich, nachdem mein Vater gestorben war, als ich 20 Jahre alt war, 17 Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen, durch die Tage des Zweifelns und des Erfolgs begleitet hat und fest an meiner Seite stand.

Daneben gilt mein Dank einigen, hier nicht näher bezeichneten Menschen, allerdings möchte ich noch die jüngste Schwester meiner Mutter separat erwähnen, die meinen Lebensweg mit wachem Interesse und wahrer Anteilnahme in guten, wie in schlechten Zeiten begleitet, mitgeht, mich ggf. auffordert, unbeirrt meinen Weg weiterzugehen und mir in jeder Hinsicht eine wertvolle Stütze ist.

Und abschließend noch etwas, was kaum zu glauben ist: Nirgends, wo ich bislang wohnte, haben sich Nachbarn, ob Jung oder Alt, vor, hinter oder neben mir – und nicht nur die direkten! – jemals über mein Klavierüben beschwert. Ich hörte, dass es ihnen durchaus nicht verborgen bleibt und war erschrocken darüber, weil es, wie bei vielen Künstlern üblich, häufig bis in die frühen Morgenstunden geht. Sie beteuerten im Gegenteil immer, dass es sie nicht stört. Geradezu gerührt bin ich, dass es nicht wenige zum Einschlafen sehr schön finden und einige in der Sommerzeit deshalb extra die Fenster nachts weit geöffnet lassen.
Ganz herzlichen Dank meinen Nachbarn für diese mich beglückende und befreiende Erfahrung!


Das sah beispielsweise Eduard Hanslick um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert ganz anders:

In irgend eine wichtige Arbeit oder ernste Lectüre vertieft, der Ruhe bedürftig,
oder nach geistiger Sammlung ringend,
müssen wir wider Willen dem entsetzlichen Clavierspiel neben uns zuhören;
mit einer Art gespannter Todesangst warten wir auf den uns wohlbekannten Accord,
den das liebe Fräulein jedesmal falsch greift; wir zittern vor dem Laufe,
bei welchem der kleine Junge unfehlbar stocken und nun von vorn anfangen wird. [...]

Eduard Hanslick (1825 – 1904), Ein Brief über die „Clavierseuche“, in: E. Hanslick, Aus neuer und neuester Zeit. Der Modernen Oper IX. Theil. Musikalische Kritiken und Schilderungen, Berlin 1900