Die besondere Note – Gesprächskonzert nonchalant
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Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.
Friedrich Nietzsche (1844 - 1900)
Zeichnung: Jarmila Dvořáčkova |
Bereits als junger Mann wollte Christian Elsas immer der Musik genügen, aber ihr eigentlicher Inhalt war ihm eher unbewusst präsent, was bei einem jungen Künstler durchaus Charme haben kann. Er „erfühlte“ die Musik der einzelnen Komponisten in den unterschiedlichen Epochen auf der Basis einer umfangreichen und soliden Kenntnis von Musik und deren Interpretationen, gab sich aber noch keine explizite, verbalisierbare Rechenschaft über seine Emotionen ab.
Im Verlauf seiner künstlerischen Tätigkeit machte er die Erfahrung, dass er zum einen damit nicht allein war – die wenigsten Konzertgänger geben sich Rechenschaft über den Inhalt des Gehörten ab - und es zum anderen dem musikalisch weniger Gebildeten nicht selten sehr schwer fällt, ohne die eine oder andere Hilfestellung „Klassik“ zu verstehen, zu genießen, zu empfinden. Er musste die kuriosesten Erfahrungen von Missverständnissen machen, nicht weil der Musiker falsch, missverständlich oder zweideutig interpretiert hätte, sondern aus einem Nicht-Verstehen-Können heraus, einer Hilflosigkeit Dessen, der sich alleingelassen in einem völlig unbekannten Raum wiederfindet. Nicht zuletzt angeregt und motiviert durch gezielte Fragen, die im persönlichen Umfeld gestellt wurden, erwuchs die Idee, Hilfestellungen zu geben, um alle an seiner Liebe zur Musik teilnehmen lassen zu können und vielleicht sogar auch regelmäßigen Konzertgängern noch unbekannte Perspektiven zu eröffnen.
Foto: Volker Schmidt |
Die Idee der „Gesprächskonzerte“ war für ihn geboren, Konzerte, wo er Teile von dem, was er macht, wie er es macht und warum er es so und nicht anders macht, in Worte fassen wollte; zugleich auch für ihn selber eine neue Erfahrung, die man vielleicht als eine weitere Stufe der Bewusstwerdung des Inhaltes der Musik bezeichnen könnte.
So wurden dann die „Gesprächskonzerte“ als Besonderheit der Recitals von Christian Elsas im deutschsprachigen Raum – vom Ansatz her seinem Naturell entsprechend durch die persönliche Hinwendung zu allen Menschen gleich welchen Bildungsstandes entstanden - schon nach kurzer Zeit von den Veranstaltern so begeistert angenommen, dass er als Nebeneffekt sich sogar dadurch noch erfolgreich gegenüber Mitbewerbern profilieren konnte. Nunmehr seit mittlerweile fast drei Jahrzehnten gestaltet er auf Wunsch seine Klavierabende in dieser Form, sie sind zu einer „Spezialität“ von ihm geworden, worauf nicht selten auch in den Rezensionen Bezug genommen wird.
Es gibt viele Künstler, die Abende mit Moderation anbieten. Doch auch hier ist es ähnlich wie bei dem Pianisten Christian Elsas, der sich durch seinen Personalstil unverwechselbar von anderen Pianisten absetzt. Der Moderator Elsas bringt bei seiner Gesprächskonzertform kein lexikalisches Wissen, was sich der Zuhörer getrost vor- oder nachher selber aneignen kann. Auch das Vorlesen aus Tagebüchern oder Erläuterungen zum musikalischen Aufbau des Werkes kann nur in den seltensten Fällen an die nachfolgend gespielte Komposition heranführen. Beides hat zweifelsohne seine Daseinsberechtigung, es gehört in das Gebiet der Musikwissenschaftler und Historiker, die hier wichtige Arbeit leisten.
Foto: Christine Longère |
Der Zuhörer, der ein Konzert besucht, möchte sich nicht plötzlich und unwillentlich auf einmal in einem musikwissenschaftlichen oder historischen Vortrag befinden, so interessant diese Gebiete auch sind. Er ist gekommen, um Musik zu hören. Das gesprochene Wort wird dann nicht als störend empfunden, wenn es direkt emotional die Türen zum Verständnis der nachfolgenden Musik öffnet. Genau dies ist das Prinzip der Moderation von Christian Elsas, die er absichtlich in lockerem Gesprächston hält, um auch nur den Anschein einer Belehrung zu vermeiden. Er öffnet sein Herz und sein Gefühlsleben und erzählt, was er selbst, oft nach jahrelangem, manchmal jahrzehntelangem Ringen, beim Spielen fühlt und empfindet und fordert die Zuhörer charmant auf, doch gemeinsam mit ihm diesen ganz persönlichen Weg zu gehen.
Er bringt seine ganz eigenen Ideen und Gedanken zu dem jeweiligen Werk, wobei es ihm von besonderer Wichtigkeit ist, dass das Gesagte auch beim Hören der Musik unmittelbar nachvollzogen werden kann; es muss hörbar, wiedererkennbar sein. Die Worte machen das Ohr aufmerksam für die nachfolgend gespielte Musik, ermöglichen die Entdeckung neuer Kleinode.
Dabei ist sein explizites Anliegen, dem seltenen Konzertgänger, dem musikalisch Begeisterten, aber Unkenntnisreichen, dem Laien ebenso wie dem Grenzgänger oder nur Neugierigen einen einfachen und direkten Zugang zu den Kompositionen zu ermöglichen, ohne ihn zu überfordern und zugleich den regelmäßigen Konzertgänger und Sachkundigen nicht zu unterfordern, sodass auch für den musikalisch Versierten in gleicher Weise ein spannungsreiches und neues Erleben der Musik ermöglicht, er mit einer neuen Sicht überrascht wird. Für den musikalischen Kenner tritt als weitere reizvolle Komponente hinzu, zu hören, welche Assoziationen und Gedanken der Ausführende zu dem jeweiligen Werk hat.