Grenzgänge - Keine Angst vor Berührungen
Achte auf dieses ferne, unaufhörliche Geräusch:Es ist die Stille. Horch auf das, was man hört, wenn man nichts mehr vernimmt.
Paul Valéry (1871 - 1945)
Literarisch-musikalische Veranstaltungen. Wort und Musik im Spiegel
Nicht zuletzt reizen Elsas auch immer wieder Genregrenzen überschreitende Projekte. So gestaltete er bereits zu Beginn der 90er Jahre literarisch-musikalische Abende gemeinsam mit einem inzwischen verstorbenen Schriftsteller, so dass diese Projekte für eine längere Zeit zum Erliegen kamen. Seit einigen Jahren hat er diese sehr interessante und reizvolle Kombination wieder aufgenommen, dabei ist besonderes Kennzeichen aller seiner Projekte die ungewöhnlich enge Verzahnung von Wort und Musik und eine sorgfältig durchdachte Dramaturgie. Dadurch konnte Elsas sich in relativ kurzer Zeit mit bis ins Letzte ausgefeilten Produktionen auch auf diesem Sektor ein unverwechselbares Markenzeichen erarbeiten.Uwe Friedrichsen und Christian Elsas, Donauwörther Kulturtage Foto: Stefan Sisulak, Stadt Donauwörth |
Hier findet sich übrigens eine Parallele zu seiner Einstellung beim Soloabend, was vielleicht auf den ersten Blick überraschen mag. Doch ist hier wie dort das besondere Augenmerk auf die Funktion und Wichtigkeit, vor allem aber auch auf die Schlüssigkeit der Dramaturgie gerichtet. Ohne ein genau durchdachtes inneres Konzept kann Elsas sich auch hier nicht wiederfinden, ist die Musik ihrer Aussagekraft beraubt, wird wertlos oder gar zum Störfaktor im Fluss des Lesenden. Selbst das Argument der Entlastung der Zuhörer durch kurze Musikintermezzi, um damit einen größeren Abwechslungsreichtum zu erzielen, will nicht einleuchten, da ein Profi dieses problemlos durch die Art seiner Präsentation durchaus allein erreichen kann.
Für Elsas macht eine Konzertlesung nur Sinn, wenn die Musik das gesprochene Wort aufgreift und sein Klavierbeitrag direkt darauf antwortet und dieses andere Genre damit in seiner Aussage im schönsten Fall sogar überhöht. Erst dieses Zusammenfließen und Verflochtensein gibt in seinen Augen dieser Form ihre Daseinsberechtigung, geht dann sogar über die Aussagekraft einer ausschließlichen Lesung über ein Vielfaches hinaus und weiß den Zuhörer in besonderer, einzigartiger Weise zu fesseln.
Christian Elsas empfindet diese völlig andere Art, auf den Lesenden, das Gelesene und das jeweilige Publikum einzugehen, als neue, reizvolle Herausforderung; Spontanität und Kreativität sind hier ganz besonders gefragt.
Christoph Bantzer und Christian Elsas Nibelungen Festspiele Worms Foto: Rudolf Uhrig |
Wie könnte es anders sein, natürlich setzt er auch, um seine Idee des Gesamtkunstwerkes zu verwirklichen, dramaturgisch gezielt Lichteffekte ein. Allerdings dürfen diese nicht von Wort und Musik ablenken, sondern sollen mit einfachem weißem Licht als Spot auf den jeweiligen Akteur gerichtet sein, während der andere nicht völlig verschwindet, sondern als Schemen noch wahrnehmbar ist.
Bei völlig abgedunkeltem Saal entsteht dadurch eine ähnliche Atmosphäre wie bei einer Theateraufführung, nur wesentlich intimer und konzentrierter durch die Beschränkung auf wenige Lichtquellen, wodurch das Gefühl des Zusammen-Erlebens deutlich erhöht und die Besonderheit des Genres „Konzertlesung“ unterstrichen wird.
Sowohl die genau passende Musik als auch die gezielte Beleuchtung geben den Veranstaltungen Eindringlichkeit und Charme. Hinzu kommt, dass - anders als in einer szenischen Darstellung - durch die Kombination mit Musik, die mitunter wie einzig dafür geschrieben erscheint, die Phantasie ungleich stärker angeregt wird und dadurch eine stark emotionale Komponente völlig neue „Entdeckungen“, auch in bekannten Geschichten ermöglicht.
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