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Totentanz und Seelenpein.
Anspruchsvolle, erstklassige Kost servierten das Wilanów-Quartett und Pianist Christian Elsas 


Mit dem folgenden Klavierquintett, das sich Alfred Schnittke in Memoriam seiner Mutter, der Jüdin Maria Vogel, von 1972 bis 1976 abrang, trübte sich die Stimmung noch mehr. Um seine Gedanken über Todesangst, Verfolgung und Seelenpein hörbar zu machen, zog Schnittke mit der häufigen Verwendung von Vierteltonsequenzen in den Streichern, hörbarem Klavierpedalklappern als Sinnbild sich entfernender Schritte eines Gefängniswärters und an- und abschwellender Diskanttöne zur Verdeutlichung einer auf- und abziehenden Katastrophe noch viel mehr Register der modernen E-Musik als der im Vergleich dazu wohlklingende Shostakovich.

Alfred Schnittke

Alfred
Schnittke
(1934 - 1998)
Foto:
Ewa Rudling

 

Das Hauptwerk des Abends war Alfred Schnittkes Klavierquintett .. ein vielschichtiges, stimmungsvolles Werk, das dem Wilanów-Quartett entgegenkommt.
Am Flügel saß ... Christian Elsas, auch er ein renommierter Musiker, ein Mann mit pianistischem Geschmack ...
Das Klavier übernimmt .. in dem Schnittke-Quintett eine zentrale Rolle, es hat den ersten Satz aus dem Unhörbaren heraus aufzubauen und das Werk mit einer Melodie, die sich mit ihren Wiederholungen ins Gedächtnis einprägt, aushauchend zu schließen ...


"Es geht nicht nur um schöne Töne. Es geht um eine Auseinandersetzung, die uns ergreifen soll, die uns erweitern soll, die uns zu Gedanken bringen kann, dass wir den Konzertsaal anders verlassen, als wir in ihn hineinkommen."
Gideon Krämer,*1947 über Alfred Schnittkes Violinkonzert Nr.4

Feinsinnigkeit, Virtuosität und Spiellust 

Die Vorankündigung hatte nicht zu viel versprochen, denn was da am vergangenen Samstagabend im Barocksaal ... abging, war ganz klar eine kammermusikalische Sternstunde. Instrumentale und interpretatorische Höhenflüge – insgesamt wie auch in zahllosen köstlichen Nuancen begeisterte damit das ensemble encore in zwei recht konträren Referenz-Werken der Hochromantik die Zuhörer...
„Der Brahms“ (Klavierquartett Nr.2 A-Dur op.26) füllte mit annähernd 50 Minuten Spieldauer die gesamte erste Konzerthälfte, ein gewaltiger „Klopper“, der in schwächerer Ausführung wohl hauptsächlich das trainierte Sitzfleisch des Publikums gefordert hätte. So aber, in dieser bestechend musikantischen Werksauffassung und –wiedergabe, blieb es spannend bis zum letzten Ton. (Man hörte) Kammermusik auf höchstem Niveau...: Abwechslung, Kontrastreichtum, Dichte und einen stabilen Spannungsbogen über fast eine Stunde.
Maximale Einigkeit bis hin zum gemeinsamen Vibrato und in der ausgefeilten Dynamik, eine perfekt abgestimmte Verbindung charismatischer Musiker, die das schwierige Genre des Klavierquartetts meisterlich beherrschten und lustvoll zelebrierten. Und dabei stets bei sich selbst und den Partnern sind. Prof. Christian Elsas... übte sich in Fingerspitzengefühl; dominierte selbst bei weit geöffnetem Flügel nicht einmal in den delikatesten Pianissimo-Passagen die Streicher.

Weiterlesen: Bayernwald Echo/ Chamer Zeitung

Ein Totentanz-Walzer 

Auch (das) .. Abschlußkonzert der Saison hatte .. eine hochprofessionelle Besetzung zu bieten. Es gastierten der Pianist Professor Christian Elsas und das Stamitz-Quartett, das zu den führenden tschechischen Streichquartetten gehört. ... Trotz der.. herausragenden Leistungen der Streicher und des Pianisten, verdient vor allem die Klavierquintett-Komposition Alfred Schnittkes besondere Beachtung... Der 1934 geborene Komponist hat dieses Stück seiner jüdischen Mutter gewidmet... Dabei verwendet (er).. „Vokabeln“, die über das gewohnte Dur-Moll-Gefüge hinausragen, indem er die hörgewohnte und festgesetzte Chromatik des Klaviers mit der Vierteltontechnik der Streicher als krassen Gegensatz konfrontiert ... (um damit) die Qualen auszudrücken. Der im zweiten Satz gespielte Walzer erinnert (dadurch) ... eher an einen von Skeletten aufgeführten Totentanz -. Diese dunkle Stimmung zog sich durch das gesamte Stück...


Nur Musik kann so vom Tode sprechen, nur Musik führt uns so über die Grenzen des Todes hinaus.
Frans C. Lemaire (* 1927) über Schnittkes Klavierquintett
Runder Körper voll warmer Kraft
Freude an der Herausforderung: Das ensemble encore im Festsaal. 


Der deutsche Klavierkünstler (Christian Elsas) hatte vor.. Jahren, ausgehend von einem Duo, immer noch einen Streicher mehr um sich versammelt (daher der Name...) und alle kommen aus demselben musikalischen Umfeld, aus Prag...
Die... Gäste... erleben, wie Programmankündigungen nicht nur wahr, sondern übertroffen werden. Dem wunderbar homogenen Klangkörper gibt Brahms (im Klavierquartett Nr.2 A-Dur op.26) gleich am Anfang Gelegenheit, sich zu entfalten ...
Ob das Klavier unter den Streicherklängen harfenmäßig aufrauscht oder sie vollgriffig auf ihre Bahn katapultiert die glänzenden solistischen Fähigkeiten des Pianisten, die alle Schwierigkeiten besiegen, hat man noch im Ohr, wenn mit markanten Fanfaren das zweite Werk des Abends aufzieht, das Klavierquartett Es-Dur op.87 von Antonín Dvořák. Die jähen Stimmungs- und Ausdruckswechsel, von versunkener Reserve zum schrill emotionalen Ausbruch, von Filmmusiktauglichen galoppierenden Punktierungen zu pfiffigen Triller-Orgien, sie sind sichtlich nach dem Geschmack der Musiker: In lächelndem Kontakt lauern sie auf ihre Einsätze. Und Christian Elsas liefert delikate Rhythmen und Umspielungen, lässt sie scheinbar leicht aus den Händen gleiten: ein Herrscher über die Tasten.

In welch andere Welt (haben das Silesian String Quartet und der Pianist Christian Elsas die) Zuhörer in Schnittkes Klavierquintett (1976) entführt und mit welchem Engagement, Wissen und Empfindung dieses fünfsätzigen Œuvre vermittelt. Ein Klagegesang von Trauer und Verlorenheit und zugleich eine vibrierende Raummusik von höchster Spannung, die durch punktgenaues Zusammenspiel und individuelle Präsenz zu glühen begann. So exzellent wie an diesem Abend klang der .. Flügel wohl selten. Wie nicht von dieser Welt verbreitete das Eingangssolo des Pianisten einen Hauch von Kälte und temperierte damit die Gesamtstimmung des Moderato. Der bittersüße Walzer ... initiiert von der schmerzlich singenden Violine wandelte sich nach und nach über dem Basshall der Klavierakkorde in die unentrinnbare Atmosphäre eines dumpfen Totentanzes.
Tanz der Gerippe
Tanz der Gerippe
Zeichnung: Michael Wolgemut (1434 – 1519)


Ungebrochen waren Anspannung und Dichte im weiteren Verlauf: im gewittrig bebenden Lento. Wie auch im Moderato pastorale mit den glockenfernen Diskantklängen des Pianisten über aggressivem Streicherfurioso.