Ein Leben auf schwarzen und weißen Tasten - Vita
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In der Tat vermag allein die Musik aus sichdas Unwahrscheinlichste sichtbar und lebendig zu machen,die wahre Traumwelt,die in der geheimnisvollen Poesie der Nächte verborgen lebt,im tausendfältigen unnennbaren Wispern und Raunen der Blätter,über die zärtlich das Mondlicht gleitet.Claude Debussy (1862 – 1918)
Christian Elsas, geboren in Remscheid, seit seinem 10. Lebensjahr aufgewachsen in Marburg/ Lahn, erhielt seinen ersten professionellen Klavierunterricht im Alter von 6 Jahren. Noch während seiner Schulzeit am humanistischen Gymnasium in Marburg begann er sein Studium am traditionsreichen Dr. Hoch’s Konservatorium in Frankfurt/ Main in den Fächern Klavier, Tonsatz und Gehörbildung. Nach dem Abitur wechselte er an die Musikhochschule Frankfurt/ Main, wo er 1972 seine künstlerische Reifeprüfung (Diplom) ablegte. Hier war sein „Ziehvater“ Prof. August Leopolder, der spätere Ehrensenator der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, der während seiner Lehrtätigkeit eine Vielzahl herausragender und renommierter Künstlerpersönlichkeiten ausbildete, die sich im Verlauf der Zeit ihren Platz auf dem Podium und/ oder an einer Hochschule sichern konnten.
Nach seinem Diplom „mit Auszeichnung“ wurde er in Hannover in die Meisterklasse von Prof. Hans Leygraf, der Professuren in Stockholm, Berlin, Hannover und Salzburg innehatte, aufgenommen, wo er 1977 mit dem Konzertexamen sein umfangreiches Gesamtstudium abschloss. Auch zahlreiche Leygraf-Schüler konnten bis zum heutigen Tag ihren Platz im Musikleben erringen und dauerhaft sichern.
Daneben gehörten zu Elsas’ Lehrern so bekannte Musikpädagogen wie N. Magaloff (Genf), S. Neuhaus (Moskau, Wien) und G. Agosti (Rom, Sienna).
Während seiner Studienzeit war Elsas Stipendiat mehrerer Stiftungen und Gewinner von Wettbewerben.
Foto: Geoff Redcrow |
Er gehört zu den wenigen Pianisten, deren Spiel nicht nur durch äußere Virtuosität, sondern auch durch auffallend feinnervige Klangkultur und Sensibilität sowie Tiefe des Empfindens überzeugt. Abseits vom Trend einer stromlinienförmigen Interpretation ist die menschliche Wärme kennzeichnend für seine Musikauffassung, mit der er an die Tradition der alten Pianistengeneration anknüpft.
„Mich deucht, die Musik müsse vornehmlich das Herz
rühren, und dahin bringt es ein Klavierspieler nie durch
bloßes Poltern, Trommeln und Arpeggieren...“
Carl Philipp Emanuel Bach (1714 – 1788)
Seine bis ins Feinste ausgefeilte Klangtechnik, sein Sinn für Rhetorik, die den Flügel sprechen und singen lässt sowie seine geistige Durchdringung der jeweiligen Komposition werden von den Rezensenten besonders hervorgehoben.
Elsas begann bereits während seiner Schulzeit mit dem öffentlichen Konzertieren und ist bis zum heutigen Tag ununterbrochen auf dem Podium präsent, wobei er fast alle europäischen Länder einschließlich des ehemaligen Ostblocks bereiste. Konzertmitschnitte, Studioaufnahmen sowie Fernsehaufzeichnungen begleiteten seinen künstlerischen Weg.
Direkt nach der Studienzeit wurden ihm von den Musikhochschulen in Mainz und Frankfurt/ Main Lehraufträge angeboten. Viele Jahre lehrte er an beiden Hochschulen gleichzeitig, jahrzehntelang dann - neben seiner Konzerttätigkeit - an der Frankfurter Musikhochschule in der künstlerischen Ausbildung. Für seine Verdienste in der Lehre und als konzertierender Pianist wurde ihm Ende der 1980er Jahre als seinerzeit einzigem Pianisten in der BRD im Bereich Klavier solo vom Land Hessen der Professorentitel verliehen.
Im Laufe der Jahre nahm Elsas neben seiner künstlerischen Tätigkeit auch eine Reihe ehrenamtlicher Aufgaben wahr, wie etwa die künstlerische Leitung eines Festivals, die Mitgliedschaft im künstlerischen Beirat eines großen Konzertvereins, den 1. Vorsitz im Frankfurter Tonkünstlerbund, Jurorentätigkeiten bei Wettbewerben, gab diese dann allerdings zum Bedauern der jeweiligen Institution wieder auf, da seine sich immer mehr ausweitende Konzerttätigkeit dieses zeitlich nicht mehr zuließ.
Neben seinen Soloauftritten widmet Elsas sich auch – anknüpfend an eine zusätzliche Kammermusikausbildung an der Frankfurter Musikhochschule bei Prof. Günther Weigmann und ein Cellostudium bei Prof. Alexander Molzahn – der Kammermusik. Hilfreich waren ihm dabei seine vielfachen Erfahrungen, die er während der Studienzeit sammelte, wo er neben den verschiedenen kammermusikalischen Formationen ein überaus begehrter Partner für eine höchst sensible Begleitung verlangende Sänger aber auch für diverse Einzelinstrumentalisten war. Längere Zeit bestand damals etwa mit Maria Kliegel eine Duo-Partnerschaft, die bereits von Jugend musiziert mit dem ersten Preis belohnt wurde.
Seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre richtete Elsas kammermusikalisch sein Augenmerk vor allem auf die großformatige Besetzung Klavierquintett/ - sextett, wo er mit renommiertesten Streichquartetten und Bläserquintetten zusammenarbeiteten konnte.
Seine Partner waren hier über lange Zeit hinweg – teilweise über ein Jahrzehnt – das alte renommierte Shostakovich‚Quartett (Moskau), neben dem alten Borodin Quartett das angesehendste russische Streichquartett, das Silesian String Quartet (Kattowitz), das musikalische „Aushängeschild“ Schlesiens, das Stamitz Quartett (Prag), das Wilanów Quartett (Warschau), die Solobläser der Polnischen Nationalphilharmonie (Warschau), das Istropolis Quintett (Bratislava), das Bläserquintett Academia Prag, das Gewandhaus Bläserquintett (Leipzig), um nur einige zu nennen. Zurzeit verbindet ihn eine enge musikalische Partnerschaft mit den Solobläsern der Staatskapelle Dresden.
In den großformatigen Besetzungen bilden die Verschmelzung von Klavier- und Ensembleklang einerseits und die Führungsrolle bei Solopartien andererseits sowohl in den Besetzungen gemeinsam mit Streichern, als auch gemeinsam mit Bläsern wirkungsvolle Gegenpole, die Elsas‘ Kammermusikspiel neben einer bis ins Detail ausgeloteten dynamischen Differenzierung eine besondere Note und charakteristische Prägung geben.
Foto: Geoff Redcrow |
Im Laufe der Jahre wuchs der Wunsch, neben den großformatigen auch die z.T. ganz andere künstlerische Fragestellungen aufwerfenden kleineren Besetzungen Duo, Klaviertrio, Klavierquartett wieder ins Repertoire aufzunehmen. Dies beflügelte ihn, im Jahre 2003 das ensemble encore zu gründen, das bereits ein Jahr später, im Jubiläumsjahr Antonín Dvořáks, einen festen Platz im Konzertleben erringen konnte, nicht zuletzt deshalb, weil es, der Gründungsidee folgend, die wechselnden Besetzungen favorisiert, um die Farbigkeit und Spannung am Konzertabend zu erhöhen. Zur Zeit ruht aus organisatorischen Gründen die Aktivität.
Elsas ausgedehntes Repertoire reicht von Bach , mit dessen Musik er ganz selbstverständlich aufwuchs und dessen Werke ihn bis heute begeistern, über die Klassik und Romantik bis hin zur Moderne; zahlreiche Werke wurden für ihn komponiert oder sind ihm gewidmet.
Dabei sind ihm eine Vielzahl von Komponisten persönlich bekannt, besonders verbunden ist bzw. war er - neben dem Dänen Sven Erik Werner - einigen tschechischen, vom Regime ungeliebten, Komponisten, deren Werken er dadurch, dass er sie immer wieder auf seine Konzertprogramme setzte, zu kommunistischer Zeit im westlichen Ausland zu größerer Bekanntheit verhalf.
Daneben wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei den Soloklavierabenden die moderierten Konzerte zu einem Markenzeichen von Christian Elsas.
Die Verbindung von Personalstil mit Texttreue, formalem Gestaltungswillen mit Gespür für klangliche Valeurs machen die Eigenart seines Spiels aus, das die Virtuosität ganz in den Dienst der jeweiligen Komposition stellt. Diese Einstellung zur Musik manifestiert sich auch in seiner Ruhe ausstrahlenden Körperhaltung, die auf jegliche Äußerlichkeiten und Manierismen verzichtet und so den Blick ausschließlich auf die Komposition richtet, das Ohr für die glaubwürdige Ernsthaftigkeit der Interpretation schärft.
Und doch ergründet er die Tiefen des Notentextes, deutet mit Hingabe aus, wie er das Ansinnen
des Komponisten verstanden hat. (Trierer Volksfreund)
wenn Christian Elsas am Flügel sitzt, ohne Notenblatt mit geschlossenen Lidern, seine schlanken Finger über
die Tasten gleiten lässt und nur ab und zu im Rhythmus der Klänge seine Augenbrauen hebt und senkt,
dann scheint er fast eine Kunstfigur zu sein. So sehr erfüllt er das Klischee des entrückten, vielleicht etwas
weltfremden Musikers. Doch es ist eben ein Klischee und vor allem nur optischer Natur. (Der Patriot, Lippstadt)
Angeregt durch den seinerzeitigen künstlerischen Leiter des Nordhessischen Kultursommers und begünstigt durch einen glücklichen Zufall, der ihm mit dem Schriftsteller Karlhans Frank einen kongenialen Partner für literarisch-musikalische Projekte in die Arme spielte, widmete Elsas sich seit Beginn der 1990er Jahre mit großem Interesse auch diesen Genregrenzen überschreitenden Veranstaltungen.
Foto: Gottfried Heinrich |
Bereits das erste Projekt gemeinsam mit Frank unter dem Thema „Schöpfung – Natur - Umwelt“ war eine sich gegenseitig befruchtende Symbiose der beiden Gattungen. Durch den frühen Tod Franks, mit dem Elsas schon bald freundschaftlich verbunden war, kamen diese Projekte für eine längere Zeit zum Erliegen, reizten ihn aber weiterhin sehr.
So hat er seit einigen Jahren diese sehr interessante und reizvolle Kombination, jetzt allerdings vorwiegend mit renommierten Schauspielern - Uwe Friedrichsen, Christoph Bantzer, Charles Brauer, seien hier nur stellvertretend genannt - wieder aufgenommen, wobei bei allen seinen Projekten die enge Verzahnung von Wort und Musik zu einem weiteren Markenzeichen von ihm geworden ist.
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.
Joseph von Eichendorff (1788 - 1857), Wünschelrute, 1835